„Warum hab ich das nicht gesehen, als ich von der Autobahn runtergefahren bin?“ – das wird sich sicher schon so mancher gefragt haben, wenn er wie ich im Vereinsheim der Eisenbahnfreunde Kahlgrund das Kopfende der Modellbahn der Spessartrampe sah. Dort prangt nämlich ein Schild, welches eben dieses Kopfende an der A3 bei Hösbach verortet. Und wer nach Schöllkrippen fährt, der kommt vermutlich bei Hösbach von der A3. Aber die Bahnstrecke, welche die A3 unterquert, die hat er gar nie nicht gesehen.
Hösbach, die A3 und die Kursbuchstrecken 640 und 642
Wer etwas in Eisenbahndingen bewandert ist, der wird wissen, dass die Kursbuchstrecke 642 die Bahnstrecke Kahl–Schöllkrippen bezeichnet, die wir auch als Kahlgrundbahn kennen. Die Kursbuchstrecke 640 hingegen ist keine andere als die Bahnstrecke Frankfurt Süd–Aschaffenburg, welche zweigleisig an Hösbach vorbei oder eigentlich mittenmang hindurchführt. Die KBS 642 hatte mich nach Schöllkrippen zu den Eisenbahnfreunden geführt. Die KBS 640 fand ich sodann auf der Anlage vor, denn am Kopfende schoss es zweigleisig unter der Autobahn A3 hervor.
Google Maps, der Verräter!
Ich war natürlich sehr neugierig. Das bin ich immer, aber nach meiner Rückkehr aus Schöllkrippen wollte ich es genau wissen und bemühte Google Maps, gab dort in die Suche „A3 Hösbach“ ein und klickte dann auf „Maps“. Und siehe da, ich fand mich auf einem Kartenausschnitt wieder, der mir die die Abfahrt von der Autobahn A3 bei Hösbach zeigte. Doch von der KBS 640 Frankfurt-Süd nach Würzburg weit und breit keine Spur.
Ha! Da war sie! Südlich („unten“) schoss sie durch Hösbach. Am Gewerbegebiet Lache Ost an der Österreicher Straße vorbei, dann neben der Spessartstraße weiter und irgendwann per Brücke über(!) die A3 drüber wech nach „Weiberhof“.
Von des Künstlers Freiheit
Ja, da war es wohl, wie es immer so ist. Man muss sich beim Gestalten der Modellbahn die Wirklichkeit ein wenig zurechtbiegen, damit sie passt. Die zweigleisige Haupt- und Paradestrecke muss hinab in den Schattenbahnhof. Und da kommt so eine Autobahn grade recht. Da schlupft der ICE mal eben schnell unter die Scholle und verschwindet von der Bildfläche.
Optisch ein Hingucker und gefährlich nur für die allzu neugierigen Menschen unter uns. Und es sah so echt aus! Ich glaube fast, dass Google da beim erstellen seiner Karten ein Fehler unterlaufen ist. Die KBS 640 kreuzt die A3 und das wurde nur nicht korrekt kartographisch verarbeitet. Man sollte wirklich mal einen Brief nach Amerika an den Herrn Google schreiben!
Den besten Blick auf den Unfall…
… haben natürlich die größten Rindviecher. Wie auch sonst im Leben. Wir kennen das ja. Oberhalb der Autobahn A3 findet sich eine Weide. Und auf der Weide an der A3 sieht man eine Herde interessierter Gaffer stehen und liegen. Rindviecher eben. Also einige lassen sich auch nicht bei ihrem Wiederkäuen beirren. Andere blicken interessiert zur A3 rüber. Dort blinkt und tutet es. Das wird auch nicht alle Tage geboten.
Die liebe Kursbuchstrecke 640
Ja, heute reden wir noch nicht von der eingleisigen, nicht elektrifizierten Nebenbahn in Bayern, die in Kahl am Main von der Bahnstrecke Frankfurt Süd–Aschaffenburg abzweigt und im Kahlgrund nach Schöllkrippen am Rand des Spessarts führt.
Wen es doch schon interessiert: sie geht zurück auf Valentin Kihn, seines Zeichens Vater eines Karl Kihn und zugleich Arzt von Großauheim. Die Züge, welche seit der Eröffnung am 30. Oktober 1898 von Kahl am Main nach Schöllkrippen verkehren, werden übrigens Bembel genannt. Der etwas nach Äppler klingende Name geht auf das Läuten der Glocke an der Dampflokomotive zurück.
Doch von all dem reden wir heute mal grade gar nicht. Heute reden wir von der Kursbuchstrecke 640, die aus Hösbach kommend, brav der Bundesstraße B26 folgend den Bahnhof Laufach erreicht.
Was man von den Eisenbahnfreunden lernen kann
Viele Modellbahner legen auf der Modellbahn oft kerzengerade Strecken aus. Zwo Meter, drei Meter, vier Meter und länger. Doch wenn der Zug dort entlang eilt, dann spürt man zwar Besitzerstolz im Herzen, aber nicht das Entlanggleiten auf der Strecke. Dieses Fahrgefühl, durch die Natur zu gleiten, stellt sich erst ein, wenn sich die Strecke zwischen Hügeln hindurch durch die Landschaft schlängelt.
Vor allem in einer Region wie dem Spessart mussten die Bauplaner die Streckenführung dem Gelände anpassen und so manchem Berg ausweichen. Von daher hat eine Strecke im Spessart ohnehin eine eher geschwungene Streckenführung.
Bei Neubaustrecken kann das durchaus anders sein. Aber die KBS 640 ist ja eher keine solche.
Einfahrt in den Bahnhof Laufach
Von Weiberhof bis Frohnhofen sind es nur 1.000 Meter – sagt Herr Google. Und von Frohnhofen sind es nochmals 1.000 Meter bis nach Laufach. Da hat sich Herr Google offenbar an die Realitäten gehalten. Denn wenn man den Geleisen der Kursbuchstrecke 460 folgt, gelangt man flott zum Bahnhof Laufach. Google ist offenbar viel besser, als sein Ruf!
Unterführungen waren damals gang und gäbe. Die Straße verengte sich und oft musste man dem Gegenverkehr die Vorfahrt lassen. Also etwas Geduld musste man da schon mitbringen. Allerdings gab es damals weit weniger Automobile wie heutzutage.
Wenn dann ein Schwertransport wie dieser Güterwagen auf einem Culemeyer Straßenroller daher kam, da musste sich der Fahrer auf der vorgespannten Zugmaschine Kaelble KV 632 schon anstrengen. Nicht etwa, weil die Zugmaschine den Güterwagen nicht würde wuppen können. Nein, weil es in der Unterführung womöglich etwas eng wurde!
An Kraft fehlte es dem Kaelble KV 632 weißgott nicht. Er hatte unter seiner Haube noch den von Kaelble selbst gebauten Motor MD 230 sT mit 270 PS verbaut. Eine leistungsstarke Zugmaschine also, die von 1971 bis 1984 bei der Deutschen Bundesbahn (vorwiegend in Hannover, aber auch wie man sieht in Laufach!) für Schwer- und Sondertransporte und Transporte von Güterwagen im Einsatz stand.
Das Schuco Modell jedenfalls macht sich hier wunderprächtig. Kraftvoll schaut es drein und man sieht ihm die Schweißperlen an der Motorhaube herunterlaufen, wenn es das große Gewicht bergan schleppen muss.
Eines der sehr interessanten Gebäude an der Bahnhofseinfahrt der Anlage ist der Lokschuppen. Er nahm dereinst die Schubloks an der Spessartrampe auf. Und mit seinem gelben Backsteinmauerwerk war und ist er schon ein Hingucker. Hier auf der Anlage erhält er auch den gebührenden Raum, auf dem er sich majestätisch entfalten kann.
Wir werden ihn noch von seiner anderen Seite kennenlernen. Dort finden sich nämlich regelmäßig schicke Schubloks, die wir uns nur zu gerne genauer ansehen.
Drei Quadratmeter
Das ist der Anfang. Er ist gemacht und doch sind wir nicht weit vorangekommen. Von den ersten drei Quadratmetern Modellbahn gab es jede Menge zu erzählen. Ich jedenfalls habe die Anlage mir ihre Geschichten zuraunen gehört. Und ich habe innerlich fleißig mitgeschrieben.
Wie geht es euch, wenn ihr vor einer solchen Modellbahn steht? Spricht sie auch zu euch? Nehmt ihr euch die Zeit, der Modellbahn zuzuhören? Oder prescht ihr sensationslüstern den Gang entlang und zählt nur die erhaschten Blicke auf Sensationen?
Ja, ich gehöre zu den Zuhörern (Doncolor meint, ich wäre ein Modellbahnversteher, aber ich weiß nicht, ob es sowas wirklich gibt) und mag es, den Geschichten zu lauschen. Ja, Lokomotiven und Züge schaue ich auch an. Aber die schönsten Dinge passieren zwischen den Zügen, hinter Häusern, auf Wiesen, an Straßenrändern.
Nächste Woche nehme ich euch mit in den Bahnhof Laufach. Auch dort habe ich Geschichten gehört. Und die verdienen es, erzählt zu werden. Wo es das nachfolgende Bild zu sehen gibt, das werde ich euch dann auch verraten. Oder die Woche drauf. Oder danach.
Sturmi